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Wolf Vostell, Shoah 1492 - 1945

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Vostell antwortet auf Adornos und Horkheimers profunde Infragestellung der Möglichkeit von Kunst nach den Ereignissen von Auschwitz mit vehementer Entschlossenheit.  Die beiden Philosophen stellten die These auf, dass die Barbarei des 3. Reiches alle Poesie als Ausdruck von Menschlichkeit ad absurdum geführt hatte. Doch Vostells Beschäftigung mit Bildern von Gewalt ist nicht nur als Reaktion auf öffentlich geführte theoretische Debatten, sondern auch auf eine Bekanntschaft mit dem jüdischstämmigen Künstler Boris Lurie zurückzuführen. Vostell und Lurie trafen sich schon während Vostells erstem Aufenthalt in New York 1963. Dort traf er neben den Akteuren der Fluxus-Bewegung auch die Künstler_innen der so genannten NO!Art, auf deren Ausstellungen er ging. Ihnen und der Fluxus-Bewegung waren die Antipathie zur Pop-Art gemeinsam, ebenso wie die Ablehnung des etablierten Kunstbetriebes. Die Bilder der NO!Art-Künstler, wie von Boris Lurie, Sam Goodman und Jean-Jacques Lebel, enthielten jene Kritik am Nachkriegskapitalismus, die auch Vostell umtrieb. Lurie und Vostell hielten regen Kontakt.  Hiervon zeugt auch ein Brief, den Vostell wenige Jahre vor seinem Tod an Lurie während seiner Vorarbeiten zu dem großformatigen Gemälde 1492 – 1945. Zur Erinnerung an die Ausweisung der Juden aus Spanien und die Opfer des Holocaust (1995) schrieb. Darin solidarisierte sich Vostell einmal mehr mit dem Schicksal der europäischen Juden, welches Lurie als litauischer Jude in der Kindheit erlitt . Das Gemälde beschäftigte Vostell seit 1992. Er fertigte zahllose Skizzen und eine Radierung zu dem Thema an. Es wurde 1997 erstmals öffentlich in der Galerie seines Sohnes in Berlin präsentiert und erinnert an die so genannten Edikte des spanischen Königs, die zur Vertreibung und Ermordung unzähliger sephardischer Juden führten: „In den intellektuellen Kreisen [Spaniens, Anm. d. Autors] möchte irgendwie jeder von den Sephardies abstammen, was auch für gewisse Dörfer zutrifft, in denen Juden blieben. Erinnern wir uns an das königliche Dekret, 1492 im Jahr der Entdeckung Amerikas, entweder auswandern, konvertieren oder Todesstrafe.“  Vergleicht man die formalen Eigenschaften des Gemäldes, so fällt es nicht schwer, den Einfluss der vielfigurigen Darstellungen Luries wiederzuerkennen, die auf die grauenhaften Abbildungen ausgemergelter und aufgehäufter Leichenberge von KZ-Häftlingen zurückgehen. Das Bilder machen ist möglich, so Vostells emphatische Antwort auf Horkheimer und Adorno, jedoch unter jeglichem Verzicht der Behauptung von Objektivität und radikaler subjektiver Verarbeitung.

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