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Mary Bauermeister Sonderthema Kriegskinder

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Mary Bauermeister: Pazifismus und Nation    

Mary Bauermeister (*1934) ist eine der herausragendsten deutschen Künstlerinnen ihrer Generation. Als weibliche Vertreterin einer avantgarden Tendenz der 1960er Jahre, in der Fluxus, Zero, die SPUR und andere künstlerische Tendenzen den Kunstbegriff in Deutschland erheblich er-weiterten, steht sie nicht nur für das Projekt der Geschlechtergerechtigkeit in Kunst und Gesellschaft, sondern auch für den pazifistischen Auftrag einer Generation von Kriegskindern. Als 28-Jährige hatte sie bereits ihren Durch-bruch mit einer Einzelausstellung im Stedelijk/Amsterdam – ein erster Höhepunkt nach den Jahren in ihrem Kölner Atelier, in welchem sie nicht nur selbst äußerst produktiv, sondern vor allem als Netzwerkerin aktiv war. Bauermeisters biografische Entwicklung begann vor dem Hintergrund ihres Elternhauses. Ihr Vater war in der NS-Zeit als Professor für Anthropologie tätig. Ihre Mutter war Sängerin. Dieses bildungsbürgerlich, konservative Millieu war der Nährboden für eine Gegenbewegung, die sich in der avant¬garden Ausrichtung Bauermeisters als Künstlerin manifestierte. Aus dem nationalsozialistisch geprägten Umfeld befreite sich die junge Gymnasiastin ein Jahr vor ihrem Abschluss, um ein Studium an der Hochschule für Gestaltung  in Ulm anzutreten und um sich nach dem Besuchen der Saarbrücker Staatlichen Hochschule für Kunst und Handwerk 1956 als freie Künstlerin in Köln niederzulassen. Ihr von pazifistischem Gedankengut durchzogenes Werk und ihr unermüdliches Engagement für avantgarde Kunstformen stehen daher in einem gegensätzlichen Verhältnis zu ihrer kindheitlichen Prägung. 1960 mietete Bauermeister in der Lintgasse 28 in Köln eine Wohnung im Dachgeschoss. Im Atelier Bauermeister fanden Lesungen, Konzerte und Happenings mit vielen später dem Fluxus zuge¬ordneten Künstler_innen statt. Unter ihnen Nam June Paik, Wolf Vostell, David Tudor, John Cage, George Brecht und Josef Beuys. Das Atelier Bauermeister wurde damit zu einem Ort mit prägendem Einfluss in der Kölner Kunstszene. Ein Beispiel für Bauermeisters Tendenz, eine Gegenbewe¬gung zu einer etablierten Kunstwelt zu schaffen, waren die Gegenfestivals zum IGNM Festival für Neue Musik des WDR, die sie in ihrem Atelier organi¬sierte. Nicht von der Jury zu dem Festival im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zugelassene Künstler_innen lud Bauermeister ein, am alternativen Festival teilzunehmen.
Bauermeisters Werk entwickelte sich von ihren frühen informellen Pastellen und Grafiken bis hin zu Temperabildern unter dem Eindruck ihrer Liaison mit dem Komponisten für Neue Musik Karl-Heinz Stockhausen. Die Nähe der Bildenden Kunst zur Neuen Musik ist nicht nur für Bauermeister, sondern auch für Künstler wie Wolf Vostell, Nam June Paik oder Ben Patterson wesentlich.

Bauermeisters Objektkästen und comic-artigen Zeichnungen, in denen sie die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen ihrer Zeit kritisch begleitet, sind das Ergebnis spiritueller Meditationen und der Verarbeitung biografisch einschneidender Ereignisse, wie etwa dem Tod ihrer Mutter, wie sie in einem Interview von 2015 erzählte.  

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